Anleger im Index-Dschungel

Quelle: Neue Zürcher Zeitung

Erhebliche Unterschiede zwischen den verschiedenen Aktienindizes

Indexprodukte sind bei den Anlegern gefragt. Es gibt jedoch einen regelrechten Dschungel an Barometern, so dass die Auswahl schwierig ist. Aktienindizes haben sehr unterschiedliche Eigenschaften, die Investoren beachten sollten.

Immer mehr Privatinvestoren entdecken die Vorteile von Indexanlagen. Solche Anlageprodukte – dazu zählen beispielsweise Exchange-Traded Funds (ETF) oder Tracker-Zertifikate – werden «passiv» verwaltet. Bei ihnen managt also kein Fondsmanager das Portfolio, sondern sie bilden ein Börsenbarometer ab. Im Aktienbereich sind dies beispielsweise der Swiss-Market-Index (SMI), der deutsche DAX oder der amerikanische S&P 500. Die Produkte sind von den Gebühren her günstig, wenn man sie mit traditionellen Anlagefonds vergleicht.

Über eine Million Barometer

Trotzdem sollten Anleger nicht davon ausgehen, dass sie mit dem Kauf eines Indexprodukts praktisch alle Hausaufgaben erledigt hätten. Die Auswahl des «richtigen» Indexes ist nämlich alles andere als einfach. Dies ist umso mehr der Fall, als in den vergangenen Jahren mit dem Boom der «passiven» Anlagen ein regelrechter «Index-Dschungel» entstanden ist. Michael Partin, Gründungspartner und Chef der Zürcher Fondsanalyse Firma iFund Services, geht davon aus, dass es weltweit mittlerweile rund 1 Mio. Börsen- und Kapitalmarkt-Indizes geben dürfte. Der Index-Anbieter MSCI gibt beispielsweise in seinen Pressemitteilungen an, er verfüge über ein Angebot von mehr als 120 000 täglich berechneten Indizes.

Zudem kommen laut Partin immer mehr Indizes unter dem Label «customized» auf den Markt. Solche Barometer werden speziell für Finanzprodukte wie beispielsweise ETF geschaffen. Dies hat zur Folge, dass der Indexmarkt zunehmend unüberschaubar wird. Ausserdem ist oft nicht klar, welche Wertpapiere in solchen Barometern enthalten sind. Zu der Tatsache, dass ETF oft als «einfach» und «transparent» vermarktet werden, ist dies ein nicht gerade geringer Widerspruch. Der Grossteil der Barometer entfällt dabei immer noch auf die Anlageklasse Aktien, auch wenn andere Anlagebereiche aufholen.

Bei den Aktienindizes gibt es erhebliche Unterschiede, deren sich Anleger bewusst sein sollten. Anleger sollten hier zunächst darauf achten, ob es sich um einen Preis- oder einen Performance-Index handelt. Bei Performance-Indizes wie dem DAX oder dem Swiss-Performance-Index (SPI) sind die Dividenden, welche die im Barometer berücksichtigten Unternehmen ausschütten, enthalten – bei Preisindizes hingegen nicht. Dies ist kein geringer Unterschied, bei europäischen Aktienindizes beispielsweise hat das in der Vergangenheit einen Unterschied von rund drei Prozentpunkten bei der Rendite pro Jahr ausgemacht. Die meisten Börsenbarometer sind indessen Preisindizes; dazu zählen beispielsweise der SMI, der britische FTSE 100, die amerikanischen Barometer Dow Jones Industrial Average (DJIA) und S&P 500 oder der japanische Nikkei 225.

Laut Christopher Wolter von der Rating-Agentur Feri EuroRating Services erhalten Anleger sowohl bei ETF auf Preisindizes als auch bei solchen auf Performance-Indizes die Dividenden der im Index enthaltenen Unternehmen. Im Performance-Index werden diese berücksichtigt, während sie beim Preisindex regelmässig ausgeschüttet werden. Partin rät indessen, dieses «Wiederanlage-Problem» zu umgehen und, wenn möglich, auf Performance-Indizes zu setzen. Bei Tracker- bzw. Indexzertifikaten gilt dies noch stärker. Es handelt sich um strukturierte Produkte, die rechtlich als Schuldverschreibungen einer Bank gelten. Die Anbieter behalten oft die Dividenden ein. Der Käufer erzielt also nur eine Rendite, wenn der Index steigt, da ihm die Ausschüttungen entgehen.

Des Weiteren sollten sich Investoren bewusst sein, dass auch die bekannten Aktienindizes nach sehr unterschiedlichen Methoden berechnet werden. Der amerikanische, im Jahr 1896 zum ersten Mal berechnete DJIA wird beispielsweise sehr einfach kalkuliert. Die Kurse der 30 im Barometer enthaltenen Titel werden addiert und durch 30 geteilt. Eine Marktgewichtung nach dem Börsenwert des jeweiligen Unternehmens gibt es nicht. Aktien, die einen relativ niedrigen Kurs haben, haben nur ein geringes Gewicht. In der heutigen Zeit scheint diese Berechnungsmethode zunehmend antiquiert. Ausser dem japanischen Nikkei 225, der ebenfalls nach einer solchen «preisgewichteten» Methode berechnet wird, wird bei den meisten Börsenbarometern die Grösse der jeweiligen Unternehmen in deren Gewicht im Index reflektiert.