Passiv verwaltete Index-Fonds für intelligente Investoren

Quelle: Neue Zürcher Zeitung

Exchange-Traded Funds als ideales Spar-Vehikel

Exchange-Traded Funds als ideales Spar-VehikelIn den vergangenen Jahren gab es im Anlagefonds-Universum kaum eine andere Kategorie, die so erfolgreich war wie die Exchange-Traded Funds (ETF). Noch keine 15 Jahre ist es her, dass der erste ETF in den USA das Licht der Welt erblickte.

Börsenkotierte Fonds schlagen derzeit andere Anlagen an Beliebtheit. Unter den Anbietern ist allerdings mit einer Konsolidierung zu rechnen.

gvm. In den vergangenen Jahren gab es im Anlagefonds-Universum kaum eine andere Kategorie, die so erfolgreich war wie die Exchange-Traded Funds (ETF). Noch keine 15 Jahre ist es her, dass der erste ETF in den USA das Licht der Welt erblickte. Heute werden weltweit gegen 1000 verschiedene ETF feilgeboten, die zusammen mehr als 700 Mrd. $ verwalten. Die Aussage der amerikanischen Investmentbank Morgan Stanley, dass es in vier Jahren 2000 Mrd. $ sein werden, ist angesichts des unaufhaltsamen Wachstums keine verwegene Prognose. Die Kombination eines Anlagevehikels, das so transparent, rasch und liquide wie Aktien gehandelt werden kann und gleichzeitig den gleichen Schutz wie normale Anlagefonds geniesst – aber ohne deren höhere Gebühren –, ist kaum zu überbieten.

Passiv ist attraktiv

Der grösste Vorteil von ETF liegt in der wiederholt bewiesenen Tatsache, dass es kaum einem Vermögensverwalter gelingt, über einen längeren Zeitraum besser als der Gesamtmarkt abzuschneiden. Ausnahmen gibt es, so wie immer wieder jemand alle sechs Richtigen im Lotto tippt. Weil die Identifizierung des überragenden Fondsmanagers ein Glücksfall ist, hält man sich als Privatanleger besser an eine passive Anlagestrategie. Passiv hat dabei nichts mit Langeweile oder Bequemlichkeit zu tun, sondern damit, dass es sich für einen Privaten nicht lohnt, ein zusätzliches Einzelrisiko einzugehen, weil es sich selten auszahlt. Bestenfalls wächst sein Vermögen im Einklang mit der allgemeinen Marktentwicklung. Absolut gelingt es zwar immer wieder zahlreichen Fondsmanagern, eine überdurchschnittliche Rendite zu erzielen. Doch diese Vorteile werden meist von den Spesen getilgt. In den Werbebroschüren der Fondsgesellschaften kommt dieser Aspekt leider nicht zum Ausdruck, stattdessen wird mit der absoluten Performance des Fonds geworben. Es ist ein bekanntes Phänomen, dass die über einen kurzen Zeitraum am besten rentierenden Fonds die grössten Mittelzuflüsse verzeichnen. Für den langfristigen Anlageerfolg spielen indes die Kosten eine entscheidende Rolle.

Es erstaunt deshalb nicht, dass es die knapp kalkulierenden institutionellen Investoren wie Pensionskassen, Hedge-Funds und Versicherungen waren, die die Vorteile der ETF schon früh nutzten. Ein weiterer Grund dabei dürfte sein, dass der Erfolg eines institutionellen Anlegers in der Regel anhand eines Richtwerts gemessen wird, meist ein breit gefasster Aktienindex. Ein kostengünstiges Instrument, das dessen Verlauf repliziert, ist für ihn daher ideal. Europa, das ETF einige Jahre nach den USA entdeckte, nun aber rasch aufholt, ist nach wie vor ein von Institutionellen geprägter Markt. Rund 80% des Handelsvolumens stammen von dieser Klientel, die sich auf diese Weise günstig «Beta» erwirbt, also die Marktrendite kauft.

In den USA haben in den vergangenen Jahren auch die privaten Investoren ETF entdeckt. Mittlerweile kommen dort zwei von drei in ETF investierten Dollar von Privaten. Für eine Gesellschaft, die über eine lange, Tradition des Aktiensparens verfügt, ist das eine bemerkenswerte Tatsache. Eine Erklärung für die unterschiedliche Entwicklung dies- und jenseits des Atlantiks dürfte die grosse Beliebtheit der strukturierten Produkte in Europa sein – die in ihrer jetzigen Form keine Chance haben, in den USA verkauft zu werden. Der entscheidende Grund liegt aber wohl in der Tatsache, dass ETF selten aktiv vermarktet werden, zum einen weil es die knappe Gebührenstruktur kaum zulässt und zum andern weil einige Emittenten damit ihre lukrativen Anlagefonds nicht kannibalisieren wollen. Weil es keine Retrozessionen gibt, fehlt den Wiederverkäufern das Anreizsystem. Ein langjähriger Kenner der Szene bringt es auf den Punkt: Während Anlagefonds verkauft werden, müssten ETF gekauft werden. Das bedingt, dass der Investor sich selbst darum bemühen muss.

Immer raffinierter

Das enorme Wachstum im ETF-Markt hat neue Anbieter und immer raffinierter strukturierte Instrumente mit sich gebracht, was sowohl ein Segen als auch eine Last ist. Ein Segen ist es deswegen, weil der Wettbewerb die Gebühren niedrig hält. Tendenziell werden die bereits tiefen Kosten, die für die Verwaltung eines ETF in Rechnung gestellt werden, immer geringer. Wie tief sie sinken können, zeigt ein Blick in die USA, wo die günstigsten ETF bereits für 7 Basispunkte angeboten werden. Auch in Europa kosten die grössten und liquidesten ETF zum Teil nur noch 15 Basispunkte pro Jahr. Als sie vor einigen Jahren lanciert wurden, war es noch mehr als doppelt so viel.

Selbst ETF, die auf exotische Schwellenländermärkte oder spezielle Nischenbereiche wie Nanotechnologie, Private-Equity-Gesellschaften oder Immobilien lauten, kosten selten mehr als 100 Basispunkte. Der Boom hat aber auch seine Schattenseiten. Weil sich die Emittenten nicht mit einem ruinösen Preiskampf das Leben schwermachen wollen, setzen sie vermehrt auf «Innovationen». Ständig werden ETF auf neue Indizes lanciert. Das verkauft sich eben besser, als mit dem x-ten, aber günstigeren ETF, der den S&P-500-Index oder den SMI abbildet, auf den Markt zu kommen. Nachdem die bekanntesten Standardwerte-Indizes abgegrast waren, wurden ETF auf Nebenwerte, neue Märkte und Branchen lanciert. Dabei kennt die Verfeinerung keine Grenzen. Grenzenlos ist auch die Phantasie der Index-Anbieter, die von den ETF-Gesellschaften eine Gebühr kassieren.

Für langfristig disponierte

Vor allem neue Anbieter wie PowerShares und WisdomTree treiben die Entwicklung voran. Sie glauben, dass die möglichst exakte Replizierung eines nach der Marktkapitalisierung gewichteten Indexes nicht mehr ausreicht. Sie nehmen als Basis «intelligente» Indizes, die nach unterschiedlichen Kriterien wie dem Umsatz, dem Gewinn oder der Dividende eines Unternehmens strukturiert sind. Auch ETF mit doppeltem Gewinn- beziehungsweise Verlustpotenzial oder solche, die sich nach Anlagestilen orientieren, wurden lanciert. Doch je weiter die Verfeinerungen getrieben werden, desto komplexer und unübersichtlicher wird das Instrument ETF, das seine Beliebtheit nicht zuletzt seiner Einfachheit und Transparenz verdankt.

Weil beim Handeln mit ETF die volle Courtage verrechnet wird, sind sie für Private, die ihr Geld lange Zeit liegen lassen können und kein Market-Timing betreiben wollen, am besten geeignet. Würde die Mindestcourtage nicht den sinnvollen Fondssparplänen im Wege stehen, wären ETF sogar das ideale Spar-Vehikel. So aber sind sie mindestens etwas vom Besten, was schon für kleinere Vermögen erschwinglich ist. Die traditionellen Anlagefonds werden sie zwar wohl nie ersetzen, ihnen aber zumindest ein hartnäckiger Widersacher sein.