Babylonische Sprachverwirrung bei Anlageprodukten

Quelle: NZZ am Sonntag

ETF, ETC, ETN, ETP: Viele Anleger sind etwas ratlos. Dabei gibt es zentrale Unterschiede bei diesen Produkten. Was die Investoren wissen sollten.

Schon das weltweite Angebot an Aktien, Obligationen, Immobilien und Rohstoffen, den sogenannten Basisprodukten, ist schlicht unüberblickbar. Dazu kommt noch eine Vielzahl von Derivaten, die sich auf diese Basisprodukte beziehen. Zu allem Überfluss haben die Börsen und Anbieter von Finanzprodukten nach den ETF auch noch sogenannte ETC und ETN kreiert und diese in der Kategorie ETP zusammengefasst. Die Sprachverwirrung ist perfekt. Was steckt hinter diesen Begriffen?

Noch einigermassen bekannt sind die börsenkotierten Indexfonds, Exchange-Traded Funds oder ETF genannt. Nach Angaben der UBS sind weltweit bereits rund 300 Mrd. $ in diese Produkte investiert. Keine schlechte Wahl, denn für den langfristigen Vermögensaufbau sind Indexfonds höchst geeignete Bausteine. Sie ermöglichen es auch kleinen Anlegern, einen ganzen Markt auf einmal zu kaufen, beispielsweise den MSCI World oder den Swiss-Market-Index (SMI). Der Anleger investiert via SMI-ETF beispielsweise ausschliesslich in die 20 Aktien, aus denen dieser Börsenmassstab gebildet wird, und zwar exakt nach ihrem Gewicht in diesem Index.

Folgenreicher Unterschied

Das passive Investieren mit ETF ist zudem kostengünstig, weil ein Index nur nachgebildet wird und ein teures Fondsmanagement entfällt. Untersuchungen des britischen Fondsanalyse-Hauses Lipper belegen es ohne Wenn und Aber: Für einen Aktien-ETF zahlen Anleger in der Regel deutlich weniger als 1% Gebühren. Die durchschnittlichen Gesamtkosten für einen aktiv bewirtschafteten Aktienfonds bewegen sich dagegen seit Jahren um den Wert von 2%. Des Weiteren sind ETF wie auch alle andern Anlagefonds behördlich überwacht und auch im Konkursfall des Emittenten sicher, da es sich bei Fondsvermögen um Sondervermögen handelt.

Nach dem Vorbild dieser erfolgreichen und sinnvollen ETF sind in den vergangenen Jahren auch Rohstoffe in Zertifikatsform verpackt worden. Dies unter dem Begriff ETC, Exchange-Traded Commodities. Zusammen mit den ETN, Exchange-Traded Notes, werden sie als Exchange-Traded Products, kurz ETP, bezeichnet.

Doch obwohl die Bezeichnungen sehr ähnlich klingen, handelt es sich dabei keineswegs um Anlagefonds, sondern um reine Schuldverschreibungen. Der einzige Unterschied zu gewöhnlichen Indexzertifikaten besteht darin, dass sie im Falle der ETC mit Vermögenswerten besichert sind und dass mehrere Banken im Handel für Liquidität sorgen. Bei strukturierten Produkten ist dies nicht der Fall. Dadurch verkleinert sich das bis zum Fall von Lehman Brothers völlig vernachlässigte Emittentenrisiko. Bei den ETN wird dagegen bewusst auf eine Besicherung verzichtet. Anders als bei Anlagefonds werden ETP auch nicht von der Aufsichtsbehörde Finma überwacht. Gerade die Finma ist allerdings an der ETP-Flut nicht ganz unbeteiligt, weil die Zulassung eines Fonds in unserem Land oft ungebührlich lange dauert. Die Auflegung eines ETC oder ETN dauert dagegen im Extremfall nur wenige Minuten. Zudem fallen die Emissionskosten eines Zertifikats kaum ins Gewicht. Die neuen Produkte bedürfen in der Regel keiner gesonderten Zulassung.

Viele überflüssige Konstrukte

Wenn die Anleger sich der Risiken von ETP bewusst sind, können sie diese auf durchaus sinnvolle Art und Weise in ihr Portfolio einbauen. Mit ihnen haben sie die Möglichkeit, in Anlageklassen zu investieren, die ihnen früher verschlossen waren, wie Rohstoffe, Schwellenländer oder Währungen.

Ob bei ETF, ETP oder strukturierten Produkten: Es gibt in allen Kategorien eine Vielzahl von überflüssigen Produkten. Wieso soll man etwa über einen ETF in die am aktivsten gemanagte Anlagekategorie überhaupt investieren wollen: in Hedge-Funds? Das ist ein innerer Widerspruch. Um Hedge-Funds passiv abbilden zu können, setzt ein ETF-Anbieter eine Reihe von Derivaten ein, die nur das Risiko von Performance-Abweichungen erhöhen.