Auf die Kosten achten

Quelle: Neue Zürcher Zeitung

Aufgrund des langen Anlagehorizonts ist die private Vorsorge prädestiniert für eine Aktienstrategie – am besten mit günstigen Indexprodukten.

Mein Bekannter hat ein Anlageproblem. Er ist 48, nicht sehr vermögend, aber gut situiert und besitzt eine Eigentumswohnung. Nun will er nach einer Erbschaft rund 120 000 Fr. in die Altersvorsorge investieren und rund 80 000 Fr. als liquide Mittel auf dem Konto lassen, auch wenn das derzeit nicht viel bringt. Seine Bank habe ihm ein Portfolio mit sechs Anlagefonds (vier Aktien- und zwei Obligationenfonds) zusammengestellt und dabei geraten, mindestens 150 000 Fr. anzulegen. Er wäre froh um eine Zweitmeinung.

Eines ist in diesem Fall unbestritten: Wer im Alter finanziell auf der sicheren Seite sein will, tut gut daran, neben der Pensionskasse und der steuerlich begünstigten Säule 3a auch selber Vorsorge zu betreiben. Aber wie? Die private Vorsorge ist geradezu prädestiniert für eine langfristige Anlagestrategie. Da diese Gelder oft für zwei oder drei Jahrzehnte nicht angetastet werden müssen, eignen sich in erster Linie Aktien als langfristiges Anlageinstrument für die private Vorsorge. Im Fall meines Bekannten kommt positiv hinzu, dass er im gegenwärtigen volatilen Marktumfeld nicht alle Eier in den gleichen Korb legen und einen rechten Teil seiner verfügbaren Mittel in Cash halten will. Mit der sehr tiefen Teuerung in der Schweiz verliert der Anleger auf dem Sparkonto real zumindest kein Geld. Zudem hat er mit den liquiden Mitteln kein Zinsrisiko. Anders selbst bei erstklassigen Obligationen: Steigende Zinsen führen zu Kursverlusten.

Entscheidend ist der Horizont

Natürlich sind Aktien keine Einbahnstrasse, wie die jüngste Korrektur wieder einmal gezeigt hat. Aktien schwanken zum Teil heftig. Dennoch haben zum Beispiel Schweizer Aktien gemessen am SPI in den letzten 20 Jahren real fast doppelt so stark rentiert wie Bundesobligationen. Auch ausländische Studien bestätigen, dass Aktien auf lange Frist Obligationen deutlich schlagen. Dies trotz den letzten Crash-Jahren 2001, 2002 und 2008.

Entscheidend ist der Anlagehorizont. Aktienanleger mussten, wie die sehr langfristige Statistik der Bank Pictet zeigt, einen Anlagehorizont von mindestens 14 Jahren haben, um gegenüber Verlusten «immun» zu sein. Oder anders formuliert: Angesichts eines ausreichend langen Anlagehorizonts präsentieren sich die Risiken einer Aktienstrategie in ganz anderem Licht. Die lange Zeit heilt «Wunden». Aber Anleger müssen mental und finanziell in der Lage sein, Phasen grösserer Verluste auszuhalten.

Wie sollen Anleger, für die wegen des relativ kleinen Betrages eine Vermögensverwaltung nicht in Frage kommt, eine Aktienstrategie umsetzen? Experten warnen, selber einen Korb mit einzelnen Aktien zusammenzustellen. Denn ein solches Portfolio sollte mindestens 20 bis 25 Titel (davon höchstens ein Drittel Schweizer Aktien) umfassen, um eine solide Diversifikation zu erreichen. Hochwertige Titel selber zu finden, ist sehr anspruchsvoll und setzt eine grössere Summe voraus, wären doch Mittel von 10 000 Fr. pro Aktien-Position ideal.

Zudem rechnen Experten aufgrund der niedrigen Zinsen auch bei Aktien künftig mit tieferen realen Renditen von noch 3,0 bis 3,5% im Schnitt. Damit kommt den Kosten eine sehr grosse Bedeutung zu. William Sharpe, Nobelpreisträger für Wirtschaftswissenschaften 1990, empfiehlt für die Altersvorsorge ein gutes Portfolio mit Indexfonds und Exchange-Traded Funds (ETF) aufzubauen. Solche Fonds seien deutlich billiger als aktiv verwaltete Anlagefonds, bei denen hochbezahlte Manager nur in ganz wenigen Fällen über Jahrzehnte die Börsenindizes geschlagen haben. Einer dieser Stars ist der Brite Neil Woodford, der mit einer langfristigen Anlagestrategie den britischen Aktienindex übertroffen hat. Woodford kritisiert seine eigene Zunft, weil sie für eine sehr mittelmässige Performance viel zu viel verlange.

Vermögensverwaltung mithilfe von ETF-Produkten- st günstig

Gestaffelt aufbauen

Der Zürcher Vermögensverwalter Alex Hinder hat deshalb für meinen Bekannten und interessierte Leser ein breites Portfolio mit Index-Produkten (siehe Tabelle) zusammengestellt. Der grösste Teil notiert in Schweizerfranken. Für den Schweizer Markt hat Hinder neben den grossen Unternehmen auch einen ETF auf mittlere Unternehmen gewählt. Auffallend sind die tiefen Gesamtkosten des Portfolios von 0,23%. Das ist mindestens fünfmal weniger, als die Bank für ihre aktiv verwalteten Fonds verlangt. Dabei empfiehlt es sich, gestaffelt in Etappen die Positionen aufzubauen. Nach der jüngsten Börsenschwäche ist ein erster Einstieg angezeigt.

Entscheidend für Hinder ist, dass Anleger eisern an der gewählten Strategie festhalten und nicht ständig durch News getrieben das Portfolio umschichten. An der Strategie festhalten heisst allerdings nicht Kaufen und Halten über die nächsten 17 Jahre. Hinder empfiehlt ein jährliches Rebalancing des Portfolios. Das heisst eine Rückführung auf die ursprüngliche Gewichtung. So werden Gewinner in der Vergangenheit verkauft und Verlierer günstig zugekauft. Man sollte dafür auch die Dividenden einsetzen. Nur zwei der Fonds (USA und Japan) reinvestieren die Erträge selber.